Die angefragten Informationen sind ganzlich ungeeignet, die verrechnungs- preise der deutschen Vertriebsgesellschaft einem Fremdvergleich zu unterzie hen, da Produzent und franzosische Vertriebsgesellschaft als verbundene Un rnehmen anzusehen sind Nach Art. 9 OECD-Musterabkommen durfen je urteilung der Drittublichkeit von Verrechnungspreisen herangezogen wer- en, da sie per Definition keinen Fremdvergleich darstellen Die Beispielsfalle machen deutlich, dass auch die Bestimmungen zur Nach weisvorsorge bei deutschen Steuerpflichtigen die Finanzverwaltun gnicht da von entbindet, in jedem Einzelfall die geeignetheit ihrer Informationswiin- he sorgfaltig zu uberprufen. TZ. 2.1.3. Verw GrSE rechtfertigt jedenfall nicht den unbeschrankten Zugriff des deutschen Fiskus auf alle Informatio- nen und Daten innerhalb eines internationalen Konzerns b)Nichtbeachtung auslandischer aufbewahrungsfristen er bemerkenswertesten Bestimmungen des gesamten Entwurfs ist ebenfalls in Tz. 2.1.3. Verw GrSE enthalten. Demnach soll das inlandische Un ternehmen Unterlagen und Nachweise bzw. Daten oder den ungehinderten Zugang zu Informationen im Ausland sichern, wenn die aufbewahrungsfris ten im ausland fruher als nach deutschem recht ablaufen. praktisch kame damit s 147 AO eine exterritorial Wirkung zu Diese Interpretation seitens der Finanzverwaltung erscheint jedoch mehr als fragwurdig Nach$ 147 Abs 3S. 1 AO betragen die Aufbewahrungsfristen zehn bzw. sechs Jahre. Auslandische Unterlagen unterliegen grundsatzlich nicht den inner- staatlichen Aufbewahrungsfristen nach$ 147 Abs. 3 S.1 AO. Diese sind Ge- genstand auslandischer Steuergesetze Daran andert auch$ 147 Abs. 3 Satz 2 AO nichts. Nach dieser Vorschrift sind kurzere Aufbewahrungsfristen nach uBersteuerlichen Gesetzen unbeachtlich Fraglich erscheint also, ob mit,au ersteuerlichen Gesetzen"auch auslandische Aufbewahrungsfristen gemeint sein konnen Nach ihrer Gesetzesbegrundung soll die vorschrift jedoch ledig lich die BFH-Rechtsprechung v 2. 2. 1982 klarstellen, die sich allerdings nicht auf auslandische Unterlagen bezogen hat(vgl. BT-Drs. 14/158V 8 12. 1998, S wares jedenfalls nicht, der Vorschrift eine exterritorial wirkung zu zu lassen siven aufbewahrungsverpflichtung nachkommen sollen. Es ist geradezu ab- wegig zu erwarten, auslandische Unternehmen konnten ihre gesamte Doku entation nach Deutschland schaffen oder noch langer aufbewahren, nach- nur um einen etwaigen kunftigen Zugriff der deutschen Finanzbehorden zu gewahrleisten Selbst eine begrenzte Pflicht zur Bereitstellung ausgewahlter luslandischer Unterlagen und Daten wurde zu einer substanziellen Zusatz- belastung sowohl des deutschen Steuerpfichtigen als auch des verbundenen auslandischen Unternehmens fuhren. Derartig uberzogene anforderungen verstoBen offensichtlich gegen den Grundsatz der VerhaltnismaBigkeit c)Inlandische Mitwirkungspflicht vs auslandische Strafvorschriften Das bMF-schreiben betont. dass selbst wenn auslandische strafvorschriften len Mitwirkungspflichten entgegenstehen, der Steuerpflichtige dennoch von den deutschen Finanzbehorden verpflichtet werden kann, die gewuinschten 3 Deutschland Gruppe 2. Seite 930
Die angefragten Informationen sind gänzlich ungeeignet, die Verrechnungspreise der deutschen Vertriebsgesellschaft einem Fremdvergleich zu unterziehen, da Produzent und französische Vertriebsgesellschaft als verbundene Unternehmen anzusehen sind. Nach Art. 9 OECD-Musterabkommen dürfen jedoch Preisvereinbarungen zwischen verbundenen Unternehmen nicht zur Beurteilung der Drittüblichkeit von Verrechnungspreisen herangezogen werden, da sie per Definition keinen Fremdvergleich darstellen. Die Beispielsfälle machen deutlich, dass auch die Bestimmungen zur Nachweisvorsorge bei deutschen Steuerpflichtigen die Finanzverwaltung nicht davon entbindet, in jedem Einzelfall die Geeignetheit ihrer Informationswünsche sorgfältig zu überprüfen. Tz. 2.1.3. VerwGrSE rechtfertigt jedenfalls nicht den unbeschränkten Zugriff des deutschen Fiskus auf alle Informationen und Daten innerhalb eines internationalen Konzerns. b) Nichtbeachtung ausländischer Aufbewahrungsfristen Eine der bemerkenswertesten Bestimmungen des gesamten Entwurfs ist ebenfalls in Tz. 2.1.3. VerwGrSE enthalten. Demnach soll das inländische Unternehmen Unterlagen und Nachweise bzw. Daten oder den ungehinderten Zugang zu Informationen im Ausland sichern, wenn die Aufbewahrungsfristen im Ausland früher als nach deutschem Recht ablaufen. Praktisch käme damit § 147 AO eine exterritoriale Wirkung zu. Diese Interpretation seitens der Finanzverwaltung erscheint jedoch mehr als fragwürdig. Nach § 147 Abs. 3 S. 1 AO betragen die Aufbewahrungsfristen zehn bzw. sechs Jahre. Ausländische Unterlagen unterliegen grundsätzlich nicht den innerstaatlichen Aufbewahrungsfristen nach § 147 Abs. 3 S. 1 AO. Diese sind Gegenstand ausländischer Steuergesetze. Daran ändert auch § 147 Abs. 3 Satz 2 AO nichts. Nach dieser Vorschrift sind kürzere Aufbewahrungsfristen nach außersteuerlichen Gesetzen unbeachtlich. Fraglich erscheint also, ob mit „au- ßersteuerlichen Gesetzen“ auch ausländische Aufbewahrungsfristen gemeint sein können. Nach ihrer Gesetzesbegründung soll die Vorschrift jedoch lediglich die BFH-Rechtsprechung v. 2. 2. 1982 klarstellen, die sich allerdings nicht auf ausländische Unterlagen bezogen hat (vgl. BT-Drs. 14/158 v. 8. 12. 1998, S. 17; BFH v. 2. 2. 1982, BStBl 1982 II, S. 409). Die Intention des Gesetzgebers war es jedenfalls nicht, der Vorschrift eine exterritoriale Wirkung zukommen zu lassen. Im Unklaren bleibt auch, wie deutsche Steuerpflichtige einer solchen exzessiven Aufbewahrungsverpflichtung nachkommen sollen. Es ist geradezu abwegig zu erwarten, ausländische Unternehmen könnten ihre gesamte Dokumentation nach Deutschland schaffen oder noch länger aufbewahren, nachdem die eigenen nationalen Aufbewahrungsfristen einmal abgelaufen sind, nur um einen etwaigen künftigen Zugriff der deutschen Finanzbehörden zu gewährleisten. Selbst eine begrenzte Pflicht zur Bereitstellung ausgewählter ausländischer Unterlagen und Daten würde zu einer substanziellen Zusatzbelastung sowohl des deutschen Steuerpflichtigen als auch des verbundenen ausländischen Unternehmens führen. Derartig überzogene Anforderungen verstoßen offensichtlich gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. c) Inländische Mitwirkungspflicht vs. ausländische Strafvorschriften Das BMF-Schreiben betont, dass selbst wenn ausländische Strafvorschriften den Mitwirkungspflichten entgegenstehen, der Steuerpflichtige dennoch von den deutschen Finanzbehörden verpflichtet werden kann, die gewünschten 3 Deutschland Gruppe 2 · Seite 930 - 678 -
ungspflichten und -wunsche im 3 Auskunfte zu erteilen(vgl. Tz. 2. 1.3. Verw GrSE). Mit dieser Vorschrift richten sich die Verfasser des BMF-Schreibens vor allem gegen Art. 273 des Schwei- zerischen strafe schutzgesetzes. Gerade Art. 273 des Schweizerischen Strafgesetzbuches be- trifft einen sehr weiten Anwendungsbereich. Demnach durfen steuerrele vante Tatsachen(z. B. Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen) nicht genuber den deutschen Finanzbehorden aufgedeckt werden Nach herrschender Meinung genieBen die vorgenannten Schutzvorschriften keinen Vorrang vor $90 Abs. 2 Ao, da die prinzipie en der internationalen Courtoisie nicht greifen. Jeder Staat hat die Vorschriften und Interessen an derer Staaten zu respektieren, insbesondere wenn dieser Staat solche vor- schriften fur sich selbst unter ahnlichen Umstanden respektiert wissen will (vgl. Tipke, in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung, $90 AO, Tz. 17; Sohn, in Hubschmann/ Hepp/Spitaler, Abgabenordnung, $90 AO, Tz. 69). Dies ent spricht auch der bisherigen BFH-Rechtsprec (vgl.BFHv.16.4.1980 BStBI1981I,S.492;BFHv.16.4.1986, BStBl1987I,S.7 kann das Informationsverlangen der deutschen Finanzbehorde die grenze der Zumutbarkeit uberschreiten, wenn der Steuerpflichtige nicht nur theoretisch nach dem auslandischen Gesetzeswortlaut sondern ernstlich mit einer straf rechtlichen Verfolgung im Ausland rechnen muisste(Sohn, in: Hubschmann Hepp/ Spitaler, Abgabenordnung, 90 AO, Tz. 70). Die Finanzbehorden soll- ten demnach im besonderen MaBe ihr Informationsverlangen auf das Not- wendigste einschranken Ill. Umfang der Mitwirkungspflicht 1. Allgemeines Es ist grundsatzlich positiv zu bewerten, dass mit den uberarbeiteten Verwal- tungsgrundsatzen erstmals allgemeinguiltige Dokumentationsanforderungen zur Verfugung stehen, die den Steuerpflichtigen von vornherein und nicht erst lit Beginn einer AuBenprufung Anhaltspunkte geben, welche Dokumenta tion von ihnen erwartet wird Insofern sorgen die geplanten Dokumentations- vorschriften fur ein mehr an rechtssicherheit. hervorzuheben ist auch. dass der Entwurf keine abschliebende auflistung von Dokumentationsunterlag vorgibt. Dies erscheint sinnvoll, da eine abschlieBende aufzahlung unter den standigen Anderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stets nach kurzester Zeit hinter den Anforderungen der Praxis zuruckbleiben wurde Doch diese Flexibilitat kann nicht nur der Finanzverwaltung zugute kommen im Zweifel ungeeignetes Dokumentationskorsett eingezwangt zu werden, este Dokumentation erstellen zu konnen Andererseits zeigt die vergangenheit, dass durchaus Anlass zum Zweifel be- teht, ob jeder Betriebspruifer den ihm zugebilligten Spielraum auch sinnvoll einzusetzen versteht. So ist es nach den Erfahrungen der Autoren nicht un- gewohnlich, einen recht gelungenen, auf die verhaltnisse einer Prufung von Verrechnungspreisen bei Vertriebsgesellschaften abgestellten Musterfrage bogen(Kuckhoff/ Schreiber, Verrechnungspreise in der Betriebsprufung, s 160 ff. ) ohne jegliche Modifikation auch in Prufungen vorgelegt zu bekom- IWB Nr 14 vom 26.7. 2000
Auskünfte zu erteilen (vgl. Tz. 2.1.3. VerwGrSE). Mit dieser Vorschrift richten sich die Verfasser des BMF-Schreibens vor allem gegen Art. 273 des Schweizerischen Strafgesetzbuches und Art. 4 des Liechtensteinischen Staatsschutzgesetzes. Gerade Art. 273 des Schweizerischen Strafgesetzbuches betrifft einen sehr weiten Anwendungsbereich. Demnach dürfen steuerrelevante Tatsachen (z. B. Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen) nicht gegenüber den deutschen Finanzbehörden aufgedeckt werden. Nach herrschender Meinung genießen die vorgenannten Schutzvorschriften keinen Vorrang vor § 90 Abs. 2 AO, da die Prinzipien der internationalen Courtoisie nicht greifen. Jeder Staat hat die Vorschriften und Interessen anderer Staaten zu respektieren, insbesondere wenn dieser Staat solche Vorschriften für sich selbst unter ähnlichen Umständen respektiert wissen will (vgl. Tipke, in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung, § 90 AO, Tz. 17; Söhn, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung, § 90 AO, Tz. 69). Dies entspricht auch der bisherigen BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH v. 16. 4. 1980, BStBl 1981 II, S. 492; BFH v. 16. 4. 1986, BStBl 1987 II, S. 738). Allerdings kann das Informationsverlangen der deutschen Finanzbehörde die Grenze der Zumutbarkeit überschreiten, wenn der Steuerpflichtige nicht nur theoretisch nach dem ausländischen Gesetzeswortlaut sondern ernstlich mit einer strafrechtlichen Verfolgung im Ausland rechnen müsste (Söhn, in: Hübschmann/ Hepp/Spitaler, Abgabenordnung, § 90 AO, Tz. 70). Die Finanzbehörden sollten demnach im besonderen Maße ihr Informationsverlangen auf das Notwendigste einschränken. III. Umfang der Mitwirkungspflicht 1. Allgemeines Es ist grundsätzlich positiv zu bewerten, dass mit den überarbeiteten Verwaltungsgrundsätzen erstmals allgemeingültige Dokumentationsanforderungen zur Verfügung stehen, die den Steuerpflichtigen von vornherein und nicht erst mit Beginn einer Außenprüfung Anhaltspunkte geben, welche Dokumentation von ihnen erwartet wird. Insofern sorgen die geplanten Dokumentationsvorschriften für ein Mehr an Rechtssicherheit. Hervorzuheben ist auch, dass der Entwurf keine abschließende Auflistung von Dokumentationsunterlagen vorgibt. Dies erscheint sinnvoll, da eine abschließende Aufzählung unter den ständigen Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stets nach kürzester Zeit hinter den Anforderungen der Praxis zurückbleiben würde. Doch diese Flexibilität kann nicht nur der Finanzverwaltung zugute kommen. Auch die Steuerpflichtigen würden davon profitieren, nicht in ein starres und im Zweifel ungeeignetes Dokumentationskorsett eingezwängt zu werden, sondern die Möglichkeit zu haben, jeweils die für ihren Einzelfall sachgerechteste Dokumentation erstellen zu können. Andererseits zeigt die Vergangenheit, dass durchaus Anlass zum Zweifel besteht, ob jeder Betriebsprüfer den ihm zugebilligten Spielraum auch sinnvoll einzusetzen versteht. So ist es nach den Erfahrungen der Autoren nicht ungewöhnlich, einen recht gelungenen, auf die Verhältnisse einer Prüfung von Verrechnungspreisen bei Vertriebsgesellschaften abgestellten Musterfragebogen (Kuckhoff/Schreiber, Verrechnungspreise in der Betriebsprüfung, S. 160 ff.), ohne jegliche Modifikation auch in Prüfungen vorgelegt zu bekomDoppelbesteuerung Mitwirkungspflichten und -wünsche im Verwaltungsgrundsätzeentwurf 3 Deutschland Gruppe 2 · Seite 931 IWB Nr. 14 vom 26. 7. 2000 - 679 -