NTERNATIONAL STEUERRECHT SEITE 1921 GRUPPE 2FACH Dokumentation von Verrechnungspreisen Kann der Mercosur der Europaischen Union folgen? Napoleao Dagnese, Margarethe Kras und Katharina Mank Ebenso wie die Europaische Union in Art. 14 EGV hat sich der Mercosur in Art. 1 de Vertrages von Asuncion die Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes zum Ziel gesetzt. Charakteristisch fur einen gemeinsamen Binnenmarkt ist der freie Verkehr von Personen, Gutern, Dienstleistungen und Kapital. Fur Unternehmen, die in einem Mitgliedstaat eines gemeinsamen Marktes ansassig sind und beabsichtigen, in einem anderen Mitgliedstaat ein Unternehmen zu grunden oder dort mit einem Unter hmen Geschafi tellt die Existenz unterschiedlicher Dokume schriften fur Verrechnungspreise haufig liche umfassende Anforderungen erschweren die Gestaltung eines konsistenten Verrechnungspreiskonzepts und die Erstellung separater Einzeldokumentationen ist nicht nur fur kleine und mittlere Unternehmen oftmals unwirtschaftlich Die Europaische Kommission hat dieses Problem erkannt und das Mandat des gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums bis Ende 2006 verlangert. Die Unter- suchung von Verrechnungspreisdokumentationen fur verbundene Unternehmen bildete von Anfang 2004 bis Mai 2005 den Tatigkeitsschwerpunkt des Forums. Das Ergebnis dieser Arbeit hat die Europaische Kommission in ihrem Vorschlag fur einen Verhaltenskodex zur Verrechnungspreisdokumentation fur verbundene Unterneh meninderEu"(vgl.Kom/2005/0543v.7.11.2005,www.europa.eu)aufgenommen, den der Europaische Rat am 27.6.2006 angenommen hat (vgl. n EntschlieBung des Rates zu einem Verhaltenskodex zur Verrechnungspreisdokumentation fur verbum dene Unternehmen in der Europaischen Union",2006/C 176/01 Diese aktuellen Entwicklungen in der eU hin zu einer standardisierten EU-Verrechnungspreisdoku mentation sollen im Folgenden aufgezeigt werden. Des Weiteren soll die Frage beantwortet werden, inwieweit der Mercosur diesem Ansatz folgen kann. Group bei Deloitte in Dusseldorf. Napoleao Dagnese, MA, ist Mitarbeiter bei Triumph International in Zurzach/Schweiz. wBNr.19vom11.10.2006 913
Dokumentation von Verrechnungspreisen – Kann der Mercosur der Europäischen Union folgen? Napoleão Dagnese, Margarethe Kras und Katharina Mank* Ebenso wie die Europäische Union in Art. 14 EGV hat sich der Mercosur in Art. 1 des Vertrages von Asunción die Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes zum Ziel gesetzt. Charakteristisch für einen gemeinsamen Binnenmarkt ist der freie Verkehr von Personen, Gütern, Dienstleistungen und Kapital. Für Unternehmen, die in einem Mitgliedstaat eines gemeinsamen Marktes ansässig sind und beabsichtigen, in einem anderen Mitgliedstaat ein Unternehmen zu gründen oder dort mit einem Unternehmen Geschäfte zu machen, stellt die Existenz unterschiedlicher Dokumentationsvorschriften für Verrechnungspreise häufig ein großes Hindernis dar. Unterschiedliche umfassende Anforderungen erschweren die Gestaltung eines konsistenten Verrechnungspreiskonzepts und die Erstellung separater Einzeldokumentationen ist nicht nur für kleine und mittlere Unternehmen oftmals unwirtschaftlich. Die Europäische Kommission hat dieses Problem erkannt und das Mandat des gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums bis Ende 2006 verlängert. Die Untersuchung von Verrechnungspreisdokumentationen für verbundene Unternehmen bildete von Anfang 2004 bis Mai 2005 den Tätigkeitsschwerpunkt des Forums. Das Ergebnis dieser Arbeit hat die Europäische Kommission in ihrem „Vorschlag für einen Verhaltenskodex zur Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU“ (vgl. KOM/2005/0543 v. 7.11.2005, www.europa.eu) aufgenommen, den der Europäische Rat am 27.6.2006 angenommen hat (vgl. „Entschließung des Rates zu einem Verhaltenskodex zur Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der Europäischen Union“, 2006/C 176/01). Diese aktuellen Entwicklungen in der EU hin zu einer standardisierten EU-Verrechnungspreisdokumentation sollen im Folgenden aufgezeigt werden. Des Weiteren soll die Frage beantwortet werden, inwieweit der Mercosur diesem Ansatz folgen kann. * Rechtsanwältin Katharina Mank, LL.M., und Dipl.-oec. Margarethe Kras sind Mitarbeiterinnen der German Transfer Pricing Group bei Deloitte in Düsseldorf. Napoleão Dagnese, M.A., ist Mitarbeiter bei Triumph International in Zurzach/Schweiz. International Steuerrecht Seite 1921 | Gruppe 2 | Fach 10 IWB Nr. 19 vom 11.10.2006 913
FACH 10 GRUPPE 2 SEITe 1922 DOKUMENTATION VON VERRECHNUNGSPREISEN INHALTSUBERSICHT L. Dokumentation von Verrechnungspreisen in der EU IL. Dokumentation von Verrechnungspreisen im Mercosur L Dokumentation von Verrechnungspreisen in der EU Die Entschliebung des Rates zu einem Verhaltenskodex zur Verrechnungspreisdokumenta- tion fur verbundene Unternehmen in der EU sieht vor dass verbundene Unternehmen in der EU den Steuerbehorden eine standardisierte und teilweise zentralisierte EU-Verrechnungs preisdokumentation (EU Transfer Pricing Documentation")vorlegen konnen Dadurch sollen die Kosten des Stpfl. und die Gefahr von Strafzuschlagen minimiert werden Gleichzeitig soll die arbeit der Steuerbehorden durch groBere Transparenz erleichtert werden 1. Inhalt der EU Transfer Pricing Documentation Die EU-Verrechnungspreisdokumentation besteht aus zwei Hauptteilen, dem Masterfile und den landesspezifischen Dokumentationen Das Masterfile soll als Kerndokumentation die wirtschaftliche Realitat des Unternehmens und seines Verrechnungspreissystems abbilden und enthalt als standardisierte Einheit Informationen, die fur alle beteiligten EU-Konzernge- sellschaften relevant sind. Erganzt wird das Masterfile durch landesspezifische Dokumenta- tionen. in denen in einer ebenfalls standardisierten Weise Informationen dokumentiert verden, die nur das jeweilige Land betreffen. Das Masterfile und die landesspezifische Dokumentation bilden die Gesamtdokumentation fur den jeweiligen EU-Mitgliedstaat, d h. Unternehmen erstellen fur jeden betroffenen itgliedstaat eine Gesamtdokumentation bestehend aus dem fur alle mitgliedstaaten anwendbaren Masterfile und der landesspezifischen Dokumentation fur den jeweiligen Mitgliedstaat. wahrend das Masterfile den Steuerverwaltungen in allen Mitgliedstaaten vorgelegt wird, steht die landesspezifische Dokumentation nur in dem entsprechenden Land zur Verfugung. Das Masterfile sollen die Steuerverwaltungen in einer Sprache akzeptieren, die in allen beteiligten Mitgliedstaaten verstanden wird, wahrend die landespezifische Doku- mentation in der Sprache erstellt werden soll, die in dem jeweils betroffenen Mitgliedstaat vorgeschrieben ist. Der Stpfl. soll nicht verpflichtet sein, eine EU-Verrechnungspreisdokumentation anzufertigen Optiert er aber fur dieses Konzept, so soll er nicht unbegrundet zu anderen Dokumentations ansatze wechseln Die Entscheidung eines Konzerns fur das Modell einer EU-Verrechnungs- preisdokumentation zieht die Pflicht nach sich, den nationalen Steuerverwaltungen in der EU das Masterfile und die jeweilige landesspezifische Dokumentation vorzulegen 914 wBNr.19vom11.10.2006
Inhaltsübersicht I. Dokumentation von Verrechnungspreisen in der EU II. Dokumentation von Verrechnungspreisen im Mercosur I. Dokumentation von Verrechnungspreisen in der EU Die Entschließung des Rates zu einem Verhaltenskodex zur Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU sieht vor, dass verbundene Unternehmen in der EU den Steuerbehörden eine standardisierte und teilweise zentralisierte EU-Verrechnungspreisdokumentation („EU Transfer Pricing Documentation“) vorlegen können. Dadurch sollen die Kosten des Stpfl. und die Gefahr von Strafzuschlägen minimiert werden. Gleichzeitig soll die Arbeit der Steuerbehörden durch größere Transparenz erleichtert werden. 1. Inhalt der EU Transfer Pricing Documentation Die EU-Verrechnungspreisdokumentation besteht aus zwei Hauptteilen, dem Masterfile und den landesspezifischen Dokumentationen. Das Masterfile soll als Kerndokumentation die wirtschaftliche Realität des Unternehmens und seines Verrechnungspreissystems abbilden und enthält als standardisierte Einheit Informationen, die für alle beteiligten EU-Konzerngesellschaften relevant sind. Ergänzt wird das Masterfile durch landesspezifische Dokumentationen, in denen in einer ebenfalls standardisierten Weise Informationen dokumentiert werden, die nur das jeweilige Land betreffen. Das Masterfile und die landesspezifische Dokumentation bilden die Gesamtdokumentation für den jeweiligen EU-Mitgliedstaat, d. h. Unternehmen erstellen für jeden betroffenen Mitgliedstaat eine Gesamtdokumentation bestehend aus dem für alle Mitgliedstaaten anwendbaren Masterfile und der landesspezifischen Dokumentation für den jeweiligen Mitgliedstaat. Während das Masterfile den Steuerverwaltungen in allen Mitgliedstaaten vorgelegt wird, steht die landesspezifische Dokumentation nur in dem entsprechenden Land zur Verfügung. Das Masterfile sollen die Steuerverwaltungen in einer Sprache akzeptieren, die in allen beteiligten Mitgliedstaaten verstanden wird, während die landespezifische Dokumentation in der Sprache erstellt werden soll, die in dem jeweils betroffenen Mitgliedstaat vorgeschrieben ist. Der Stpfl. soll nicht verpflichtet sein, eine EU-Verrechnungspreisdokumentation anzufertigen. Optiert er aber für dieses Konzept, so soll er nicht unbegründet zu anderen Dokumentationsansätzen wechseln. Die Entscheidung eines Konzerns für das Modell einer EU-Verrechnungspreisdokumentation zieht die Pflicht nach sich, den nationalen Steuerverwaltungen in der EU das Masterfile und die jeweilige landesspezifische Dokumentation vorzulegen. Fach 10 | Gruppe 2 | Seite 1922 Dokumentation von Verrechnungspreisen 914 IWB Nr. 19 vom 11.10.2006
NTERNATIONAL STEUERRECHT SEITE 1923 GRUPPE 2 FACH Generell muss der Stpfl alle europaischen Konzerngesellschaften sowie die konzerninternen Geschaftsvorfalle zwischen Unternehmen auBerhalb der EU und europaischen Konzernge- sellschaften in die EU-Verrechnungspreisdokumentation und das einheitliche Masterfile einbeziehen Nur in Ausnahmefallen soll es zulassig sein, mehrere Masterfiles anzufertigen oder einzelne Konzerngesellschaften von der EU-Verrechnungspreisdokumentation auszu nehmen, wenn beispielsweise ein multinationaler Konzern eine dezentralisierte, rechtliche ler operative Struktur aufweist. Eine Ausnahme soll auch fur kleine und weniger komplexe Unternehmen gelten, fur die weniger umfangreiche Dokumentationsvorschriften gelten /erantwortlich fur die Vorlage der Dokumentation bei den nationalen Steuerverwaltungen ist der Stpfl, der zur Einreichung der Steuererklarung verpflichtet ware und dem bei Nichtvorlage einer angemessenen Dokumentation Strafzuschlage auferlegt wurden Dies gilt auch dann, wenn die Dokumentation innerhalb eines Konzerns von einer Konzerngesellschaft fur eine andere erstellt und aufbewahrt wird 2. Rechtliche Bedeutung und Umsetzung des EU-Verhaltenskodexes Nachdem der Verhaltenskodex vom Europaischen Rat angenommen wurde, ist er eine politische Verpflichtung fur die Mitgliedstaaten, der die Rechte und Pflichten der Mitglied staaten und der Gemeinschaft sowie die jeweiligen Zustandigkeiten unberuhrt lasst. Der Verhaltenskodex beinhaltet Empfehlungen fur Mitgliedstaaten, die diese auf nationaler Ebene durch Gesetze, Verwaltungsanweisungen oder auf andere Art einfuhren konnen Den Mitgliedstaaten steht es frei zu beschlieBsen, auf jegliche Verrechnungspreisdokumentation zu verzichten oder aber weniger Informationen und Unterlagen zu verlangen als fur die EU- Verrechnungspreisdokumentation vorgeschrieben. Ebenso konnen die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsvorschriften vorschreiben, dass der Stpfl. neben der EU-Verrechnungs preisdokumentation weitere Informationen und Unterlagen vorlegen muss Die Regelungen zur EU-Verrechnungspreisdokumentation sind sehr weit gefasst und orien- tieren sich grundsatzlich an allgemein gultigen internationalen Standards. Aus diesem Grund kann kritisiert werden, der neue Verhaltenskodex biete keine Regelungen, die entscheidend zur Rechtssicherheit des Stpfl. beitragen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, das weitergehende nationale Dokumentationsvorschriften zulassig sein sollen Vorteile bietet die EU-Verrechnungspreisdokumentation aber in jedem Fall unter Kostenge sichtspunkten und in steuerplanerischer Hinsicht Wendet ein Konzern das Konzept einer EU- Verrechnungspreisdokumentation an, steht allen Steuerverwaltungen in der EU eine ver- ichbare Dokumentation und das gleiche Masterfile zur Verfugung. Dies bietet eine konzernubergreifende Grundlage fur eine einheitliche, europaweite Beurteilung der Ver wBNr.19vom11.10.2006 915
Generell muss der Stpfl. alle europäischen Konzerngesellschaften sowie die konzerninternen Geschäftsvorfälle zwischen Unternehmen außerhalb der EU und europäischen Konzerngesellschaften in die EU-Verrechnungspreisdokumentation und das einheitliche Masterfile einbeziehen. Nur in Ausnahmefällen soll es zulässig sein, mehrere Masterfiles anzufertigen oder einzelne Konzerngesellschaften von der EU-Verrechnungspreisdokumentation auszunehmen, wenn beispielsweise ein multinationaler Konzern eine dezentralisierte, rechtliche oder operative Struktur aufweist. Eine Ausnahme soll auch für kleine und weniger komplexe Unternehmen gelten, für die weniger umfangreiche Dokumentationsvorschriften gelten sollen. Verantwortlich für die Vorlage der Dokumentation bei den nationalen Steuerverwaltungen ist der Stpfl., der zur Einreichung der Steuererklärung verpflichtet wäre und dem bei Nichtvorlage einer angemessenen Dokumentation Strafzuschläge auferlegt würden. Dies gilt auch dann, wenn die Dokumentation innerhalb eines Konzerns von einer Konzerngesellschaft für eine andere erstellt und aufbewahrt wird. 2. Rechtliche Bedeutung und Umsetzung des EU-Verhaltenskodexes Nachdem der Verhaltenskodex vom Europäischen Rat angenommen wurde, ist er eine politische Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, der die Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft sowie die jeweiligen Zuständigkeiten unberührt lässt. Der Verhaltenskodex beinhaltet Empfehlungen für Mitgliedstaaten, die diese auf nationaler Ebene durch Gesetze, Verwaltungsanweisungen oder auf andere Art einführen können. Den Mitgliedstaaten steht es frei zu beschließen, auf jegliche Verrechnungspreisdokumentation zu verzichten oder aber weniger Informationen und Unterlagen zu verlangen als für die EUVerrechnungspreisdokumentation vorgeschrieben. Ebenso können die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsvorschriften vorschreiben, dass der Stpfl. neben der EU-Verrechnungspreisdokumentation weitere Informationen und Unterlagen vorlegen muss. Die Regelungen zur EU-Verrechnungspreisdokumentation sind sehr weit gefasst und orientieren sich grundsätzlich an allgemein gültigen internationalen Standards. Aus diesem Grund kann kritisiert werden, der neue Verhaltenskodex biete keine Regelungen, die entscheidend zur Rechtssicherheit des Stpfl. beitragen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass weitergehende nationale Dokumentationsvorschriften zulässig sein sollen. Vorteile bietet die EU-Verrechnungspreisdokumentation aber in jedem Fall unter Kostengesichtspunkten und in steuerplanerischer Hinsicht.Wendet ein Konzern das Konzept einer EUVerrechnungspreisdokumentation an, steht allen Steuerverwaltungen in der EU eine vergleichbare Dokumentation und das gleiche Masterfile zur Verfügung. Dies bietet eine konzernübergreifende Grundlage für eine einheitliche, europaweite Beurteilung der VerInternational Steuerrecht Seite 1923 | Gruppe 2 | Fach 10 IWB Nr. 19 vom 11.10.2006 915
FACH 10 GRUPPE 2 SEIT 1924 DOKUMENTATION VON VERRECHNUNGSPREISEN rechnungspreise. Fur den Stpfl. bedeutet die EU-Verrechnungspreisdokumentation die Mog lichkeit einer einheitlichen Analyse und konsistenten Gestaltung, so dass die Gefahr einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung minimiert wird. Zudem konnen Unternehmen Kosten Snsparen, die ihnen durch die Befolgung unterschiedlicher Dokumentationsvorschriften in en verschiedenen Mitgliedstaaten entstehen. IL Dokumentation von Verrechnungspreisen im Mercosur Der 1991 durch den Vertrag von Asuncion gegrundete Mercosur schlieBst als Integrations initiative Sudamerikas Staaten mit erheblichem Handels-und Entwicklungspotenzial zusam- men(Argentinien, Brasilien, Uruguay, Paraguay und Venezuela; Bolivien und Chile haben Beobachterstatus) Zielsetzung des Mercosur ist die Schaffung eines gemeinsamen Marktes Gegenwartig ist der Staatenverbund eine unvollkommene Zollunion, d h ein Binnenmarkt mit gemeinsamen ZollauSentarifen Die tatsachliche Freizugigkeit der Produktionsfaktorer wird jedoch haufig durch nationale Einfuhrquoten begrenzt. Zur Erreichung des gemeinsamen Marktes, bzw. des notwendigen freien Verkehrs von Gutern Dienstleistungen, Arbeitnehmern und Kapital, sieht Art. 1 des Vertrages von Asuncion die Koordination der makrookonomischen Politiken der Mitgliedstaaten vor und erwahnt aus- drucklich die Handels-und Steuerpolitik. Zudem regelt Art. 7 des Vertrages das Diskriminie rungsverbot fur Steuersachverhalte. der Vorschriften zur angestrebten Harmonisierung des Steuerrechts wird deutlich, dass die binnenmarktorientierten Ziele des Mercosur uber die Ziele der EU hinausgehen Der Weg fur eine einheitliche Verrechnungspreispolitik bzw. fur gleichlautende Dokumentations yorschriften ist nicht nur rechtlich moglich, sondern auch politisch erwunscht. 1. Verrechnungspreisvorschriften innerhalb des Mercosur nnerhalb des Mercosurs verfugen lediglich Argentinien (seit 1998), Brasilien(seit 1997)und Venezuela(seit 1999)uber spezielle Verrechnungspreisvorschriften und Dokumentations pflichten, fur Paraguay und Uruguay sind entsprechende Regelungen aber kurzfristig zu rwarten. anders als innerhalb der EU weisen die nationalen Verrechnungspreisvorschriften von Argentinien und Venezuela einerseits und Brasilien andererseits gravierende materielle Unterschiede auf Argentinien hat sich seit Einfuhrung der Verrechnungspreisvorschriften an der internationa Praxis orientiert und folgt grundsatzlich den OECD-Richtlinien. Mit Ausnahme einer ,best nethod-Regelung"als eine Sondervorschrift fur den Rohstoffexport entsprechen die nach argentinischem Recht zulassigen Methoden denen der OECD-Richtlinien. Faktisch ist die Methodenwahl jedoch erheblich eingeschrankt, da alle Preise fur den Export von Rohstoffen wBNr.19vom11.10.2006
rechnungspreise. Für den Stpfl. bedeutet die EU-Verrechnungspreisdokumentation die Möglichkeit einer einheitlichen Analyse und konsistenten Gestaltung, so dass die Gefahr einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung minimiert wird. Zudem können Unternehmen Kosten einsparen, die ihnen durch die Befolgung unterschiedlicher Dokumentationsvorschriften in den verschiedenen Mitgliedstaaten entstehen. II. Dokumentation von Verrechnungspreisen im Mercosur Der 1991 durch den Vertrag von Asunción gegründete Mercosur schließt als Integrationsinitiative Südamerikas Staaten mit erheblichem Handels- und Entwicklungspotenzial zusammen (Argentinien, Brasilien, Uruguay, Paraguay und Venezuela; Bolivien und Chile haben Beobachterstatus). Zielsetzung des Mercosurs ist die Schaffung eines gemeinsamen Marktes. Gegenwärtig ist der Staatenverbund eine unvollkommene Zollunion, d. h. ein Binnenmarkt mit gemeinsamen Zollaußentarifen. Die tatsächliche Freizügigkeit der Produktionsfaktoren wird jedoch häufig durch nationale Einfuhrquoten begrenzt. Zur Erreichung des gemeinsamen Marktes, bzw. des notwendigen freien Verkehrs von Gütern, Dienstleistungen, Arbeitnehmern und Kapital, sieht Art. 1 des Vertrages von Asunción die Koordination der makroökonomischen Politiken der Mitgliedstaaten vor und erwähnt ausdrücklich die Handels- und Steuerpolitik. Zudem regelt Art. 7 des Vertrages das Diskriminierungsverbot für Steuersachverhalte. Anhand der Vorschriften zur angestrebten Harmonisierung des Steuerrechts wird deutlich, dass die binnenmarktorientierten Ziele des Mercosurs über die Ziele der EU hinausgehen. Der Weg für eine einheitliche Verrechnungspreispolitik bzw. für gleichlautende Dokumentationsvorschriften ist nicht nur rechtlich möglich, sondern auch politisch erwünscht. 1. Verrechnungspreisvorschriften innerhalb des Mercosurs Innerhalb des Mercosurs verfügen lediglich Argentinien (seit 1998), Brasilien (seit 1997) und Venezuela (seit 1999) über spezielle Verrechnungspreisvorschriften und Dokumentationspflichten, für Paraguay und Uruguay sind entsprechende Regelungen aber kurzfristig zu erwarten. Anders als innerhalb der EU weisen die nationalen Verrechnungspreisvorschriften von Argentinien und Venezuela einerseits und Brasilien andererseits gravierende materielle Unterschiede auf. Argentinien hat sich seit Einführung der Verrechnungspreisvorschriften an der internationalen Praxis orientiert und folgt grundsätzlich den OECD-Richtlinien. Mit Ausnahme einer „best method-Regelung“ als eine Sondervorschrift für den Rohstoffexport entsprechen die nach argentinischem Recht zulässigen Methoden denen der OECD-Richtlinien. Faktisch ist die Methodenwahl jedoch erheblich eingeschränkt, da alle Preise für den Export von Rohstoffen Fach 10 | Gruppe 2 | Seite 1924 Dokumentation von Verrechnungspreisen 916 IWB Nr. 19 vom 11.10.2006
NTERNATIONAL STEUERRECHT SEITE 1925 GRUPPE 2 FACH 10 (ca. 58% des argentinischen Exportumsatzes)zwingend anhand der Preisvergleichsmethode bestimmt werden mussen Zudem gilt die widerlegbare Vermutung, dass Geschaftsbeziehun gen mit verbundenen und unverbundenen Personen in Niedrigsteuerlandern nicht fremd vergleichskonform sind. Die Dokumentationsvorschriften in Argentinien entsprechen im Wesentlichen den OECD-Richtlinien sie sind aber seit dem jahr 2005 erheblich erweitert worden. So mussen Stpfl der argentinischen Finanzverwaltung fur alle Geschaftsjahre, die nach dem 22.10.2004 beginnen, mittels einer Sondersoftware die Gewinnmargen und die Margenberechnung aller grenzuberschreitenden Transaktionen mit verbundenen und unver- bundenen Unternehmen mitteilen. Datenbankuntersuchungen auf weltweiter Basis werden wegen fehlender inlandischer offentlicher Daten anerkannt. Nachdem die bestehenden Regelungen im Jahr 2001 uberarbeitet wurden, folgt nun auch Venezuela im hinblick auf die methodenwahl den grundsatzen der oecd in venezuela existieren umfangreiche Vorschriften im Hinblick auf eine regelmaBsige und zeitnahe Doku- mentation von Verrechnungspreisen; entsprechende Unterlagen muss der Stpfl innerhalb von vier Tagen vorlegen konnen Wie in den meisten sudamerikanischen Landern ist der Begriff der verbundenen Parteien (related parties) sowohl in Argentinien, als auch in Venezuela viel weiter, als der Begriff des erbundenen Unternehmens. In beiden Staaten werden auch transaktionen mit naturlichen Personen(wie bspw. Handelsvertreter oder Darlehensgeber) und gesellschaftsrechtlich unverbundenen Unternehmen, die in Niedrigsteuerlandern ansassig sind, erfasst. Brasilien hat sich fur einen Sonderweg der Angemessenheitsdokumentation entschieder (Dagnese/Ayub, IWB 2005, F. 8 Brasilien Gr. 2 S. 180). Abgesehen von der Preisvergleichs methode, deren Anwendbarkeit haufig unmoglich ist, sehen alle zulassigen Methoden gesetzlich vorgeschriebene starre Gewinnmargen ohne Uberprufung der Marktverhaltnisse vor Nach Auffassung der brasilianischen Finanzverwaltung sind die Regelungen mit de OECD-Richtlinien vereinbar, da der Stpfl ein Wahlrecht zwischen dem Preisvergleich und dem Einsatz vorgeschriebener Margen hat Haufig fuhren die brasilianischen Verrechnungspreis vorschriften allerdings zur Doppelbesteuerung Einerseits ist die Preisvergleichmethode selten anwendbar und andererseits erreichen markt konforme Margen nur schwer die gesetzlich vorgeschriebenen Gewinnsatze Brasiliens Daneben sind die Vorschriften extrem kompliziert, decken nicht alle Verrechnungspreisfalle ab und resultieren in einem inadaquaten Methodeneinsatz Die haufigen Anderungen und Erganzungen der brasilianischen Verrechnungspreisvorschriften verstarken die Intransparenz er Regelungen und die Rechtsunsicherheit der Stpfl. Neben anderen Faktoren scheint dies zu der einseitigen Kundigung des DBA-Brasilien seitens Deutschlands beigetragen zu haben (Dagnese, Intertax 2006, S. 195). wBNr.19vom11.10.2006
(ca. 58 % des argentinischen Exportumsatzes) zwingend anhand der Preisvergleichsmethode bestimmt werden müssen. Zudem gilt die widerlegbare Vermutung, dass Geschäftsbeziehungen mit verbundenen und unverbundenen Personen in Niedrigsteuerländern nicht fremdvergleichskonform sind. Die Dokumentationsvorschriften in Argentinien entsprechen im Wesentlichen den OECD-Richtlinien, sie sind aber seit dem Jahr 2005 erheblich erweitert worden. So müssen Stpfl. der argentinischen Finanzverwaltung für alle Geschäftsjahre, die nach dem 22.10.2004 beginnen, mittels einer Sondersoftware die Gewinnmargen und die Margenberechnung aller grenzüberschreitenden Transaktionen mit verbundenen und unverbundenen Unternehmen mitteilen. Datenbankuntersuchungen auf weltweiter Basis werden wegen fehlender inländischer öffentlicher Daten anerkannt. Nachdem die bestehenden Regelungen im Jahr 2001 überarbeitet wurden, folgt nun auch Venezuela im Hinblick auf die Methodenwahl den Grundsätzen der OECD. In Venezuela existieren umfangreiche Vorschriften im Hinblick auf eine regelmäßige und zeitnahe Dokumentation von Verrechnungspreisen; entsprechende Unterlagen muss der Stpfl. innerhalb von vier Tagen vorlegen können. Wie in den meisten südamerikanischen Ländern ist der Begriff der verbundenen Parteien (related parties) sowohl in Argentinien, als auch in Venezuela viel weiter, als der Begriff des verbundenen Unternehmens. In beiden Staaten werden auch Transaktionen mit natürlichen Personen (wie bspw. Handelsvertreter oder Darlehensgeber) und gesellschaftsrechtlich unverbundenen Unternehmen, die in Niedrigsteuerländern ansässig sind, erfasst. Brasilien hat sich für einen Sonderweg der Angemessenheitsdokumentation entschieden (Dagnese/Ayub, IWB 2005, F. 8 Brasilien Gr. 2 S. 180). Abgesehen von der Preisvergleichsmethode, deren Anwendbarkeit häufig unmöglich ist, sehen alle zulässigen Methoden gesetzlich vorgeschriebene starre Gewinnmargen ohne Überprüfung der Marktverhältnisse vor. Nach Auffassung der brasilianischen Finanzverwaltung sind die Regelungen mit den OECD-Richtlinien vereinbar, da der Stpfl. ein Wahlrecht zwischen dem Preisvergleich und dem Einsatz vorgeschriebener Margen hat. Häufig führen die brasilianischen Verrechnungspreisvorschriften allerdings zur Doppelbesteuerung. Einerseits ist die Preisvergleichmethode selten anwendbar und andererseits erreichen marktkonforme Margen nur schwer die gesetzlich vorgeschriebenen Gewinnsätze Brasiliens. Daneben sind die Vorschriften extrem kompliziert, decken nicht alle Verrechnungspreisfälle ab und resultieren in einem inadäquaten Methodeneinsatz. Die häufigen Änderungen und Ergänzungen der brasilianischen Verrechnungspreisvorschriften verstärken die Intransparenz der Regelungen und die Rechtsunsicherheit der Stpfl. Neben anderen Faktoren scheint dies zu der einseitigen Kündigung des DBA-Brasilien seitens Deutschlands beigetragen zu haben (Dagnese, Intertax 2006, S. 195). International Steuerrecht Seite 1925 | Gruppe 2 | Fach 10 IWB Nr. 19 vom 11.10.2006 917